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5300 Jahre Schrift
Universität Heidelberg: Sonderforschungsbereich 933 der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Materiale Textkulturen. Materialität und Präsenz des Geschriebenen in non-typographischen Gesellschaften
& Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH
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Sonderforschungsbereich 933 der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Materiale Textkulturen & Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH
 

31 Millionen Schriftzeichen im Angesicht der Apokalypse

Der buddhistische Kanon in Stein gemeißelt (ab dem 7. Jh. n. Chr.)

von Hui-Ping Chuang  (Kunstgeschichte Ostasiens)

 
Die ›Donnerklanghöhle‹

der erste Aufbewahrungsort der Stein-Sutren aus dem ›Wolkenheimkloster‹ etwa 75 km südwestlich von Peking (China). Die Höhle ist ca. 90 m² groß und befindet sich rund 5 km oberhalb des Klosters. Die Steintafeln sind hier im Gegensatz zu den anderen Höhlen nicht aufgestapelt, sondern gut lesbar in die Wände eingelassen worden. Die Höhlendecke wird von vier achteckigen Säulen gestützt, in die insgesamt 1056 kleine Buddha-Figuren eingemeißelt sind. Beginn der Ausarbeitung: 7. Jahrhundert n. Chr.

 
zum Autor

Hui-Ping Chuang arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle »Buddhistische Steininschriften in Nordchina« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Ihre Dissertation zum Wolkenheimkloster verfasste sie von 2011 bis 2015 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des SFB 933 im Teilprojekt C04 »Der buddhistische Kanon in Stein. Materialisierung und Präsentifizierung heiliger Schriften im Wolkenheimkloster (616–1180 n. Chr.)«.

 

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Etwa 75 Kilometer südwestlich von Peking befindet sich ein buddhistisches Kloster, das sogenannte ›Wolkenheimkloster‹, das vor allem wegen des wahrscheinlich größten epigraphischen Projekts der Weltgeschichte Berühmtheit erlangt hat. Es handelt sich dabei um etwa 15.000 Steintafeln, auf denen 1100 kanonische Schriften des Buddhismus eingemeißelt worden sind. Zu Beginn des 7. Jahrhunderts n. Chr. hatte ein Mönch namens Jingwan damit begonnen, den Kanon dort zu verewigen — ein ungeheuer aufwändiges Unterfangen. Im Kloster gibt es einige Steinplatten, die das Motiv für diese Anstrengungen erläutern: Jingwan fürchtete den Weltuntergang (Apokalypse) und den dadurch bedingten Verlust der heiligen Texte. Bis dahin waren die buddhistischen Schriften praktisch ausschließlich auf leicht zerstörbaren Materialien wie Papier, Seide und Holz tradiert worden. Nunmehr in Stein gemeißelt sollten die Texte den Weltuntergang überstehen und damit die Lehre Buddhas in das nächste Zeitalter hinüberretten.

An den Steininschriften des Wolkenheimklosters wurde 600 Jahre lang gearbeitet. In dieser Zeit herrschten vier verschiedene Dynastien über den Norden Chinas. Die ersten beiden waren Han-chinesische Dynastien, die Herrscher der beiden folgenden, welche die Region vom 10. bis zum 13. Jahrhundert regierten, waren protomongolische Kitan der Liao- (916–1125) und tungusische Jurchen der Jin-Dynastie (1125–1234) — beides Völker aus dem Nordosten des heutigen Chinas. Das Steininschriftenprojekt wurde demnach trotz mehrerer Dynastiewechsel und unter der Herrschaft verschiedener Völker weitergeführt. Ein wichtiger Grund für die lange andauernde Kontinuität des Unterfangens war die Popularität des Buddhismus in dieser Zeit, und zwar sowohl bei den Herrschern als auch in der Bevölkerung. Laien, Adelige und Beamte spendeten Geld für das Projekt, um für ihre Vorfahren, Familien und Eltern — und auch für sich selbst — buddhistische Verdienste zu erwerben. Darüber hinaus wurde das Vorhaben aber auch immer wieder durch das Kaiserhaus massiv unterstützt. So wurde zwischen 1027 und 1093 das Projekt komplett von den Herrschern der Liao finanziert, wobei lokale Beamte die offizielle Leitung übernahmen. Die Herstellung der Inschriften wurde somit in dieser Zeit regelrecht als eine staatliche Angelegenheit betrachtet.

Die insgesamt 15.000 Steinplatten, die in den 600 Jahren angefertigt wurden, wurden in neun Felsenkammern auf dem etwa fünf Kilometer entfernten ›Berg der Stein-Sutren‹ sowie in einer Grube auf dem Gelände des Wolkenheimklosters eingelagert. Die Abbildung zeigt die ›Donnerklanghöhle‹, eine der ersten Höhlen, in denen die Stein-Sutren ursprünglich aufbewahrt wurden. Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts waren rund 4400 Steinplatten gemeißelt worden. Die Steinplatten aus dieser Zeit sind ziemlich groß, ca. 1,6 bis 2,5 m hoch, 60 cm breit und etwa 5 bis 9 cm dick. Nachdem die neun Höhlen in den Berg geschlagen und mit Steinplatten gefüllt worden waren, wurde im Jahr 1117 in der südwestlichen Ecke des Wolkenheimklosters ein unterirdisches Depot angelegt. Dort fanden über 10.000 Steinplatten Platz, die zwischen 1093 und dem Ende des 12. Jahrhunderts angefertigt wurden. Die jüngeren Platten waren wesentlich handlicher als die alten; sie hatten nun ein Querformat und waren 45 cm hoch und 76 cm breit. Diese Änderung hatte ein Mönch namens Tongli eingeführt, der gegen Ende der Liao-Dynastie im Jahr 1092 ins Wolkenheimkloster gekommen war. Durch das neue Format konnten die Steinplatten deutlich einfacher transportiert und die Texte viel schneller produziert werden. Das Resultat dieser Optimierung war beeindruckend: In nur zweieinhalb Jahren wurden über 4000 Platten fertiggestellt; pro Jahr mussten dafür durchschnittlich 1,5 Millionen Schriftzeichen eingemeißelt werden. Das entspricht der 10- bis 25-fachen Geschwindigkeit, die Tonglis Vorgänger zustande gebracht hatten.

Als zwischen 1956 und 1958 die Felsenhöhlen und das Depot geöffnet wurden, fertigte man von den darin enthaltenen Steinplatten Tuschabreibungen auf Papier an. Die Platten in den Höhlen wurden danach wieder an ihrem ursprünglichen Platz eingeschlossen. Die Steinplatten aus dem Depot wurden erst 1999 in ein neu angelegtes Depot eingelagert, welches mit Stickstoff gefüllt ist, um die Tafeln zu schützen. Leider sind dadurch auch diese Platten für die Forschung nicht mehr zugänglich. Diese Steinplatten mit ihren Kolophonen (Zusatzangaben), die unter anderem Informationen über die zuständigen Beamten, die beteiligten Mönche, die Kalligraphen und Steinmetze, die Anzahl der Zeichen und oft auch eine Datierung enthalten, können uns eine Menge über das Projekt und seine Beziehung zur damaligen Gesellschaft und Politik verraten. Noch wichtiger aber ist, dass als Vorlage dieser Steininschriften zwei Ausgaben des buddhistischen Kanons dienten, die heute mit Ausnahme weniger Blätter verloren sind: Der Kaiyuan-Kanon und der Kitan-Kanon.

Der Kaiyuan-Kanon enthielt Texte, die zwischen den Jahren 67 und 730 aus dem altindischen Sanskrit ins Chinesische übersetzt worden waren, mit insgesamt 2278 Sutren in 480 Bündeln (ein Bündel enthält zumeist 10 Schriftrollen). Dieser Kanon wurde im Jahr 740 vom Tang-Kaiser Xuanzong in das Wolkenheimkloster geschickt, wo er als Vorlage für die Aufzeichnung in Stein diente. Der Kitan-Kanon wurde im 11. Jahrhundert auf Befehl des Liao-Kaisers erstellt. Bis 1069 wurden zu den 480 Bündeln des Kaiyuan-Kanons noch 99 weitere gesammelt, so dass man insgesamt auf 579 Bündel kam. Da beide Kanones heute verloren sind, können uns nur die Steininschriften des Wolkenheimklosters einen Eindruck von diesen Sutren-Sammlungen geben. Das ist insofern bedeutsam, als der Kitan-Kanon eine wesentliche Quelle für den auf Papier gedruckten koreanischen Kanon war, dessen im 13. Jahrhundert geschnittene Druckplatten bis heute erhalten sind. Dieser koreanische Kanon wiederum war seinerseits die Grundlage für den am Anfang des 20. Jahrhunderts in Japan zusammengestellten Taishō-Kanon, der bis heute die Standardausgabe des chinesischen buddhistischen Kanons darstellt. Das letzte Glied in dieser Kette ist der CBETA-Kanon, die digitale Version des Taishō-Kanons, die besonders von Wissenschaftlern gern und viel benutzt wird. Alle heutigen Leser und Benutzer des chinesischen buddhistischen Kanons stehen also immer noch auf den Schultern der Kompilatoren des Kitan-Kanons. Und ohne die Anstrengungen Jingwans und seiner Nachfolger wüssten wir heute nicht mehr, wie dieser ausgesehen hat.

 

 
Literatur

Chuang, Hui-Ping (2017, im Druck), Das Steininschriftenprojekt des Wolkenheimklosters während der Liao-Dynastie (907–1125). Eine Analyse seiner Kolophone (Materiale Textkulturen 17), Berlin / Boston.

Ledderose, Lothar (1990), »Massenproduktion angesichts der Katastrophe«, in: Asiatische Studien 44 (2), 217–238.

Ledderose, Lothar (2004), »Carving Sutras into Stone Before the Catastrophe: The Inscription of 1118 at Cloud Dwelling Monastery near Beijing«, in: Proceedings of the British Academy 125, 381–454.

Weitere Verweise

Der SWR 2 berichtet in einem Audiobeitrag über dieses Projekt, das als größte deutsch-chinesische Kooperation im geisteswissenschaftlichen Bereich gilt. 

Abbildungshinweis

Titelbild: Fotosammlung der Forschungsstelle »Buddhistische Steinschriften« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Foto: I. Klinger.

 
  Wunderhorn Verlag Sonderforschungsbereich Materiale Textkulturen der Deutschen Forschungsgemeinschaft Universität Heidelberg  

31 Millionen Schriftzeichen im Angesicht der Apokalypse

Der buddhistische Kanon in Stein gemeißelt (ab dem 7. Jh. n. Chr.)

von Hui-Ping Chuang  (Kunstgeschichte Ostasiens)

Die ›Donnerklanghöhle‹

der erste Aufbewahrungsort der Stein-Sutren aus dem ›Wolkenheimkloster‹ etwa 75 km südwestlich von Peking (China). Die Höhle ist ca. 90 m² groß und befindet sich rund 5 km oberhalb des Klosters. Die Steintafeln sind hier im Gegensatz zu den anderen Höhlen nicht aufgestapelt, sondern gut lesbar in die Wände eingelassen worden. Die Höhlendecke wird von vier achteckigen Säulen gestützt, in die insgesamt 1056 kleine Buddha-Figuren eingemeißelt sind. Beginn der Ausarbeitung: 7. Jahrhundert n. Chr.

Titelbild: Fotosammlung der Forschungsstelle »Buddhistische Steinschriften« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Foto: I. Klinger.

Etwa 75 Kilometer südwestlich von Peking befindet sich ein buddhistisches Kloster, das sogenannte ›Wolkenheimkloster‹, das vor allem wegen des wahrscheinlich größten epigraphischen Projekts der Weltgeschichte Berühmtheit erlangt hat. Es handelt sich dabei um etwa 15.000 Steintafeln, auf denen 1100 kanonische Schriften des Buddhismus eingemeißelt worden sind. Zu Beginn des 7. Jahrhunderts n. Chr. hatte ein Mönch namens Jingwan damit begonnen, den Kanon dort zu verewigen — ein ungeheuer aufwändiges Unterfangen. Im Kloster gibt es einige Steinplatten, die das Motiv für diese Anstrengungen erläutern: Jingwan fürchtete den Weltuntergang (Apokalypse) und den dadurch bedingten Verlust der heiligen Texte. Bis dahin waren die buddhistischen Schriften praktisch ausschließlich auf leicht zerstörbaren Materialien wie Papier, Seide und Holz tradiert worden. Nunmehr in Stein gemeißelt sollten die Texte den Weltuntergang überstehen und damit die Lehre Buddhas in das nächste Zeitalter hinüberretten.

An den Steininschriften des Wolkenheimklosters wurde 600 Jahre lang gearbeitet. In dieser Zeit herrschten vier verschiedene Dynastien über den Norden Chinas. Die ersten beiden waren Han-chinesische Dynastien, die Herrscher der beiden folgenden, welche die Region vom 10. bis zum 13. Jahrhundert regierten, waren protomongolische Kitan der Liao- (916–1125) und tungusische Jurchen der Jin-Dynastie (1125–1234) — beides Völker aus dem Nordosten des heutigen Chinas. Das Steininschriftenprojekt wurde demnach trotz mehrerer Dynastiewechsel und unter der Herrschaft verschiedener Völker weitergeführt. Ein wichtiger Grund für die lange andauernde Kontinuität des Unterfangens war die Popularität des Buddhismus in dieser Zeit, und zwar sowohl bei den Herrschern als auch in der Bevölkerung. Laien, Adelige und Beamte spendeten Geld für das Projekt, um für ihre Vorfahren, Familien und Eltern — und auch für sich selbst — buddhistische Verdienste zu erwerben. Darüber hinaus wurde das Vorhaben aber auch immer wieder durch das Kaiserhaus massiv unterstützt. So wurde zwischen 1027 und 1093 das Projekt komplett von den Herrschern der Liao finanziert, wobei lokale Beamte die offizielle Leitung übernahmen. Die Herstellung der Inschriften wurde somit in dieser Zeit regelrecht als eine staatliche Angelegenheit betrachtet.

Die insgesamt 15.000 Steinplatten, die in den 600 Jahren angefertigt wurden, wurden in neun Felsenkammern auf dem etwa fünf Kilometer entfernten ›Berg der Stein-Sutren‹ sowie in einer Grube auf dem Gelände des Wolkenheimklosters eingelagert. Die Abbildung zeigt die ›Donnerklanghöhle‹, eine der ersten Höhlen, in denen die Stein-Sutren ursprünglich aufbewahrt wurden. Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts waren rund 4400 Steinplatten gemeißelt worden. Die Steinplatten aus dieser Zeit sind ziemlich groß, ca. 1,6 bis 2,5 m hoch, 60 cm breit und etwa 5 bis 9 cm dick. Nachdem die neun Höhlen in den Berg geschlagen und mit Steinplatten gefüllt worden waren, wurde im Jahr 1117 in der südwestlichen Ecke des Wolkenheimklosters ein unterirdisches Depot angelegt. Dort fanden über 10.000 Steinplatten Platz, die zwischen 1093 und dem Ende des 12. Jahrhunderts angefertigt wurden. Die jüngeren Platten waren wesentlich handlicher als die alten; sie hatten nun ein Querformat und waren 45 cm hoch und 76 cm breit. Diese Änderung hatte ein Mönch namens Tongli eingeführt, der gegen Ende der Liao-Dynastie im Jahr 1092 ins Wolkenheimkloster gekommen war. Durch das neue Format konnten die Steinplatten deutlich einfacher transportiert und die Texte viel schneller produziert werden. Das Resultat dieser Optimierung war beeindruckend: In nur zweieinhalb Jahren wurden über 4000 Platten fertiggestellt; pro Jahr mussten dafür durchschnittlich 1,5 Millionen Schriftzeichen eingemeißelt werden. Das entspricht der 10- bis 25-fachen Geschwindigkeit, die Tonglis Vorgänger zustande gebracht hatten.

Als zwischen 1956 und 1958 die Felsenhöhlen und das Depot geöffnet wurden, fertigte man von den darin enthaltenen Steinplatten Tuschabreibungen auf Papier an. Die Platten in den Höhlen wurden danach wieder an ihrem ursprünglichen Platz eingeschlossen. Die Steinplatten aus dem Depot wurden erst 1999 in ein neu angelegtes Depot eingelagert, welches mit Stickstoff gefüllt ist, um die Tafeln zu schützen. Leider sind dadurch auch diese Platten für die Forschung nicht mehr zugänglich. Diese Steinplatten mit ihren Kolophonen (Zusatzangaben), die unter anderem Informationen über die zuständigen Beamten, die beteiligten Mönche, die Kalligraphen und Steinmetze, die Anzahl der Zeichen und oft auch eine Datierung enthalten, können uns eine Menge über das Projekt und seine Beziehung zur damaligen Gesellschaft und Politik verraten. Noch wichtiger aber ist, dass als Vorlage dieser Steininschriften zwei Ausgaben des buddhistischen Kanons dienten, die heute mit Ausnahme weniger Blätter verloren sind: Der Kaiyuan-Kanon und der Kitan-Kanon.

Der Kaiyuan-Kanon enthielt Texte, die zwischen den Jahren 67 und 730 aus dem altindischen Sanskrit ins Chinesische übersetzt worden waren, mit insgesamt 2278 Sutren in 480 Bündeln (ein Bündel enthält zumeist 10 Schriftrollen). Dieser Kanon wurde im Jahr 740 vom Tang-Kaiser Xuanzong in das Wolkenheimkloster geschickt, wo er als Vorlage für die Aufzeichnung in Stein diente. Der Kitan-Kanon wurde im 11. Jahrhundert auf Befehl des Liao-Kaisers erstellt. Bis 1069 wurden zu den 480 Bündeln des Kaiyuan-Kanons noch 99 weitere gesammelt, so dass man insgesamt auf 579 Bündel kam. Da beide Kanones heute verloren sind, können uns nur die Steininschriften des Wolkenheimklosters einen Eindruck von diesen Sutren-Sammlungen geben. Das ist insofern bedeutsam, als der Kitan-Kanon eine wesentliche Quelle für den auf Papier gedruckten koreanischen Kanon war, dessen im 13. Jahrhundert geschnittene Druckplatten bis heute erhalten sind. Dieser koreanische Kanon wiederum war seinerseits die Grundlage für den am Anfang des 20. Jahrhunderts in Japan zusammengestellten Taishō-Kanon, der bis heute die Standardausgabe des chinesischen buddhistischen Kanons darstellt. Das letzte Glied in dieser Kette ist der CBETA-Kanon, die digitale Version des Taishō-Kanons, die besonders von Wissenschaftlern gern und viel benutzt wird. Alle heutigen Leser und Benutzer des chinesischen buddhistischen Kanons stehen also immer noch auf den Schultern der Kompilatoren des Kitan-Kanons. Und ohne die Anstrengungen Jingwans und seiner Nachfolger wüssten wir heute nicht mehr, wie dieser ausgesehen hat.

Artikel als PDF

zum Autor

Hui-Ping Chuang arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle »Buddhistische Steininschriften in Nordchina« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Ihre Dissertation zum Wolkenheimkloster verfasste sie von 2011 bis 2015 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des SFB 933 im Teilprojekt C04 »Der buddhistische Kanon in Stein. Materialisierung und Präsentifizierung heiliger Schriften im Wolkenheimkloster (616–1180 n. Chr.)«.

Literatur

Chuang, Hui-Ping (2017, im Druck), Das Steininschriftenprojekt des Wolkenheimklosters während der Liao-Dynastie (907–1125). Eine Analyse seiner Kolophone (Materiale Textkulturen 17), Berlin / Boston.

Ledderose, Lothar (1990), »Massenproduktion angesichts der Katastrophe«, in: Asiatische Studien 44 (2), 217–238.

Ledderose, Lothar (2004), »Carving Sutras into Stone Before the Catastrophe: The Inscription of 1118 at Cloud Dwelling Monastery near Beijing«, in: Proceedings of the British Academy 125, 381–454.

Weitere Verweise

Der SWR 2 berichtet in einem Audiobeitrag über dieses Projekt, das als größte deutsch-chinesische Kooperation im geisteswissenschaftlichen Bereich gilt.